Predigt 12.04.2020 - Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde

Ev.-luth. Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde
Hannover Badenstedt
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Ostern - 12./13 April 2020  

Am Gründonnerstag haben wir uns nicht zum Abendmahl getroffen, am Karfreitag nicht zum Gottesdienst. Am Ostersonntag gibt es um 5.30 Uhr in der St.-Johannes-Kirche keine Osternacht.
Und auch kein Osterurlaub, kein Osterfeuer, kein Treffen mit Freunden. Bis vor kurzem undenkbar. Jetzt eine ungesuchte Gelegenheit für uns, herauszufinden, was uns wichtig ist, woran wir hängen, was uns fehlt, worauf wir ganz gut verzichten können – und was wir nicht vergessen sollten.

Ich muss daran denken, dass es am Gründonnerstag, dem 9. April, 75 Jahre her war, dass Dietrich Bonhoeffer von den Nazis hingerichtet wurde. Der Theologe war beteiligt am Widerstand gegen die Nationalsozialisten, gehörte zum Kreis, der das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 plante.

Ebenfalls am 9. April 1945 wurde Georg Elser im KZ Dachau von der SS ermordet. Er hatte im September 1939, kurz nach Beginn des Krieges, im Alleingang versucht, Hitler und weitere führende Nazis mit einer Bombe zu töten. Es fehlten am Ende 13 Minuten daran, dass der Anschlag gelang.

Karfreitag, am 10. April, sollte mit einem Gottesdienst erinnert werden an die Befreiung des KZ Ahlem durch amerikanische Soldaten vor 75 Jahren. Seit September 1944 mussten dort Häftlinge in Asphaltstollen arbeiten, Hunderte starben, wurden ermordet.

In diesem Jahr steht für uns anderes im Vordergrund. Solche Erinnerungen kommen zurzeit ebenso nur noch am Rande vor wie der Rest der Nachrichten, die uns sonst bewegen.  Der Gottesdienst am KZ-Mahnmal wurde abgesagt wie fast alles andere, das uns normalerweise beschäftigt hätte.

Hätte Elser Erfolg gehabt mit seinem Anschlag, welchen Lauf hätte die Geschichte genommen, der Krieg, die Vernichtung der Juden? Wäre das Attentat am 20. Juli 1944 nicht misslungen, hätte es das KZ Ahlem möglicherweise nicht mehr gegeben? Und welchen Sinn hat es, darüber nachzudenken?

Hätten wir jetzt am Mahnmal vielleicht das Bonhoefferlied gesungen über die guten Mächte, die uns wunderbar geborgen halten? Oder wäre das nicht denkbar angesichts des Leides, das mit diesem Ort ohne alle Geborgenheit und Güte verbunden ist? Aber hat Bonhoeffer dieses Lied nicht gerade in einer vergleichbaren Lage geschrieben, den Tod am Galgen vor Augen?
So stark das Vertrauen zu anderen Kräften als denen, die unser Leben offenkundig bestimmen. Das Ahnen einer anderen Welt, die möglich ist. Und Kraft schöpfen aus diesem Ahnen, diesem Vertrauen.
Es ist gut, sich zu erinnern an Menschen wie Bonhoeffer und Elser, die versucht haben, dem Rad in die Speichen zu greifen, das auf so viel Unheil zurollt. Es ist gut, sich an Schrecken und Ende des KZ zu erinnern, um daraus zu lernen. Und wichtig, dabei nicht zu ergessen, dass das Ende der Lager die Gefangenen noch lange nicht frei gemacht hat, dass viele das Lager ihr Leben lang mit sich herumschleppen mussten; ein Wunder, wenn es Heilung gab, Versöhnung möglich war.

Ostern erzählt vom Sieg der guten Mächte über die Kräfte des Bösen, des Todes. Von neuem Leben, das mitten im alten beginnt. Eine unglaubliche Geschichte, schon für die Jünger Jesu, die es doch eigentlich wissen müssten. Aber sie haben erst einmal das Weite gesucht. Sind buchstäblich weggelaufen. Die Erfahrung der Niederlage, die Kreuzigung und der Tod Jesu, waren so viel stärker
als das, was sie Ostern erlebten. Und blieb stärker. Die Welt hatte sich ja nicht geändert. Und bis sich ihre Sicht auf die Welt, ihr Verständnis geändert hat, das hat gedauert. Und dauert oft heute noch an.

Wir leben ja auch unter dem Eindruck von Karfreitag.
Unsere Themen sind Kriege, Klima, Korona…
Da hat Ostern es schwer, uns zu erreichen.
Das Vertrauen, dass nicht alles verloren ist.
Die Ahnung, wie unser Weg aussehen kann.
Der verrückte Glaube, dass Liebe stark ist wie der Tod.

Viele der Jünger sind irgendwann umgekehrt.
Ostern hat sie allmählich eingeholt.
Zurückgeholt.
Und sie stark gemacht.
Das ist meine Hoffnung:
Dass uns auch so ein Licht aufgeht.
Jetzt, oder zu seiner Zeit.
Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.

Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach Herr, gib unsern aufgescheuchten Seelen
Das Heil, für das du uns geschaffen hast

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

(Evangelisches Gesangbuch Nr. 65, 1.2.7)

Amen





"CHRIST IST ERSTANDEN"

Am Ostersonntag 2020 um 10.15 Uhr erklingt dieses Lied an den unterschiedlichsten Orten auf die unerschiedlichste Weise - bei uns in der leeren Kirche wird es auf der Orgel gespielt von Helga Badt.
So verbindet es Menschen in ganz Deutschland, auch wenn sie sich nicht sehen und sich nicht die Hand geben können.

Text: Bayern; Österreich 12. bis 15. Jh.
Melodie: Salzburg 1160/1433, Tegernsee 15. Jh., Wittenberg 1529


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OSTERBOTSCHAFT DES LANDESBISCHOFS                                 
DAS HEIL IST NICHT AUS DER WELT
Zum Osterfest 2020

Liebe Gemeindeglieder in den Kirchengemeinden der hannoverschen Landeskirche,

es gibt nicht viele Gelegenheiten, zu denen wir uns Weinen in der Öffentlichkeit erlauben. Doch in den zurückliegenden Wochen der Angst und Unsicherheit hat sich etwas verändert.
In diesen Wochen habe ich viele Tränen gesehen: Da weint jemand aus Angst, seine berufliche Existenz zu verlieren. Jemand ist in Sorge um die Tochter, die im Ausland lebt, und bei einer Dritten rollt eine Träne hinab, weil sie ihre Eltern im Pflegeheim nicht besuchen kann. Es ist eine traurige Passionszeit.
Wir müssen unsere Tränen nicht verstecken. „Gott, sammle meine Tränen in deinen Krug”, heißt es in einem alten Gebet, im 56. Psalm. Wenn wir schon weinen müssen, wenn wir uns verlassen fühlen, dann dürfen wir Gott bitten: Sammle unsere Tränen und mach sie zu deinen!

In den zurückliegenden Tagen der Karwoche haben wir an die letzten Stunden im Leben von Jesus Christus gedacht. In der Nacht vor seinem Tod betete er, dass Gott ihm Leiden und Sterben ersparen möge. Vergebens. Er wurde gefoltert, verhöhnt und grausam hingerichtet. Mit einem Schrei endete
sein Leben.
Kurz zuvor sprach er noch zu den Frauen, die an seinem Schmerz Anteil nehmen: „Weint nicht über mich, sondern weint über euch selbst und über eure Kinder.” Jesus verlangt nicht von uns, um ihn zu trauern. Die Karwoche ist die Eröff nung der Solidarität mit allen Weinenden und die Einladung, den Schmerz gemeinsam zu tragen über alle Kontaktverbote hinweg.

Fällt Ostern nun aus? So werde ich gefragt. Wie sehnen wir uns mittlerweile nach Gemeinschaft! Nach Gottesdiensten, gerade zu Ostern! Wie sehr vermisse ich in diesen Tagen Bachs Kantaten in einer voll besetzten Kirche! Wie sehr fehlt das gemeinsame Abendmahl!

Ostern fällt nie aus. Die Erinnerung an die Auferstehung Jesu Christi ist ein Termin für alle Ewigkeit. Auch wenn Angst und Ungewissheit in diesen Wochen unser Leben bestimmen, ist das Heil nicht aus der Welt.
Wir werden Ostern feiern, anders als sonst. Aber miteinan der verbunden als Gemeinschaft, die die Auferstehung feiert. „Christ ist erstanden” werden wir singen, in unseren Familien, vielleicht auch allein, vielstimmig und kräftig oder auch ganz leise. Aber wir werden es singen.

Auferstehung durchdringt unser Leben behutsam mit Hoffnung. Auferstehung lässt uns zurückkehren aus Tränen, Schweigen und Ratlosigkeit. Wir dürfen Hoffnung haben. Hoffnung auf Heil in heillosen Zeiten. Denn der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!

Ich wünsche Ihnen gesegnete Ostertage. Bleiben Sie zuversichtlich!

Ihr Ralf Meister,
Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers

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UNSERE OSTERKERZE
Karfreitag und Ostern gehören zusammen!

           

Unser Küster Karl-Lukas Bolte hat in diesem Jahr eine ganz besondere Kerze für die Ostertage gestaltet.
Sie ist sowohl eine Passions- als auch eine Osterkerze und erzählt die Stillung des Sturms (siehe z.B. Matthäus 8,23-27). Die Passionsseite zeigt die Angst der Jünger vor den heranbrausenden Wellen, Jesus liegt friedlich im Boot liegt und schläft. Die Osterseite zeigt das Boot, nachdem Jesus den Sturm zur Ruhe gerufen hat.
So zeigt die Kerze beide Facetten unseres Lebens: Angst und Not, in denen uns Jesus trotzdem nicht alleine lässt – und die Zuversicht, dass Leben und Liebe stärker sind als Leid und Tod. Ostern eben.


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