Predigt 24.05.2020 - Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde

Ev.-luth. Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde
Hannover Badenstedt
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6. Sonntag nach Ostern (Exaudi) – 24. Mai 2020
Texte: Pastor Stefan Krause

Einen gesegneten Sonntag!

Vor ein paar Tagen
war Christi Himmelfahrt. So bezeichnet man diesen Tag normalerweise in der Kirche. Außerhalb der Kirche spannen sich Männer vor Bollerwagen und transportieren Alkoholika ins Grüne. Gegen Abend kehren schwankende Gestalten zurück. Das nennt man Vatertag und runzelt in kirchlichen Kreisen ob mancher damit verbundener Exzesse die Stirn.

Dabei ist zumindest der Name des rauschhaften Vergnügens fast fromm. »Vater«, meint mitnichten nur die sich im Grünen vergnügenden Väter, sondern auch den »Vater im Himmel« aus Bibel und Glaubensbekenntnis.

Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater,
zu meinem Gott und zu eurem Gott,

sagt Jesus in Johannes 20,17 zu Maria, der er im Garten erscheint und die ihn nicht berühren soll, denn er ist »noch nicht zum Vater aufgefahren« Das Bindeglied zu unseren Vatertagsbräuchen sind vermutlich mittelalterliche Prozessionen um die Felder.  
Vatertag also ist auch Tag der Rückkehr des Sohns zum Vater nach erfüllter Mission. Für Propheten ist so eine Rückkehr nicht unüblich. Elia z.B. wurde in einem feurigen Wagen gen Himmel entrückt. Und seine Jünger blieben zurück und gewöhnten sich an Elisa, den Nachfolger. Im Falle Jesu aus Nazareth sind es die anderen Akteure der Geschichte, die zurückbleiben und die wir aus den Evangelien kennen:

Geschwister und Eltern, Jünger/-innen, Gegner; Soldaten,
Priester, Stadtkommandanten, Kaiser, Hirten, Kaufleute, Groß-
grundbesitzer, korrupte Zöllner, leichte Mädchen - Sie, ich, wir alle.

Zum Himmel aufgefahren also,zum Vater:  Was macht er da?

Er sitzt, sagt das Glaubensbekenntnis.

»Er sitzt zur Rechten des Vaters.
 Von dort wird er kommen,
 zu richten die Lebenden und die Toten.«

Er sitzt und schaut vermutlich in die Welt, die er verlassen hat. Außerdem wird er den Heiligen Geist senden, nach ein paar Tagen als Beistand. Zum »Trost« heißt es in den Lutherübersetzungen gern. Aber »Beistand« trifft es wohl besser. Mit seiner Hilfe muss die im Entstehen begriffene Christenheit sich wohl oder übel selbst behelfen. Vorbei geht allmählich die Zeit der Wunder. Die charismatische Figur, die den Anbruch eines Himmelreiches auf der Erde glaubhaft verkörpert hatte, ist wieder an ihren Ursprung zurückgekehrt und in der Apostelgeschichte fragen zwei Engel die verlassenen Jünger/-innen:

»Was steht ihr da und schaut gen Himmel?« (Apg 1,11)

Für mich, der ich in einer Zeit lebe, in der der astronomische Himmel leer geworden ist, vermessen mit Radioteleskopen, von Raumschiffen durchflogen, mit mathematischen Modellen in seinen Bewegungen erschlossen, ist das ein hilfreicher Satz.
Er bestätigt mich in dem, was mir zu tun bleibt in diesem Leben:
Darin, die Welt zu verstehen, soweit es eben geht; meine Nische in der Welt zu finden; in ihr zu handeln, so gut ich eben kann. Und dabei nicht die Augen davor zu verschließen, dass die Menschheitsgeschichte auch im Desaster enden kann.

* Dabei vielen und manchmal auch mir selber etwas schuldig bleiben.
* Dabei mich gestärkt fühlen, wenn ich höre, wofür in unserer Art, die  Welt anzuschauen,
  eigentlich ein Ort mehr ist:

  Von der Abgeltung all dessen, was in diesem Leben unabgegolten bleibt.
  Von der Versöhnung der unversöhnten Gegensätze.
  Von der Heilung allen Leides am Ende, wenn der gute Hirte zum gerechten Richter
  geworden sein wird, der alles zurechtrückt und miteinander versöhnt.

Bis dahin aber gilt: »Was steht ihr da und schaut gen Himmel?«
Vor ein paar Tagen war Himmelfahrt. Der Sonntag danach heißt Exaudi. Zu Deutsch: Erhöre.  Der Name stammt aus dem Psalm für diesen Sonntag:

»Herr, höre meine Stimme, wenn ich rufe! Sei mir gnädig und erhöre mich!« (Psalm 27,7).   

Natürlich ist es gut, wenn es Mitmenschen gibt, die hören, wenn ich rufe, und vielleicht auch, wenn ich nicht mehr rufe. Aber es ist sicher auch gut, wenn da ein Gott ist, der mithört, anders hört, und der manchmal der einzige ist, der hört.
Manchmal muss ich mich einfach darauf verlassen. Obwohl ich nicht weiß, wo der, der zum Himmel fuhr und dort seine Wohnung hat, »wirk-lich« wohnt.

Gut gefällt mir da ein kurzes Gedicht von Reiner Kunze:


Jugend in den Pfarrgarten
Christus fährt nicht gen himmel
im rauch der rostbratwürste
die der pfarrer brät
(der rauch aber zeigt den weg)

(Gedicht aus Reiner Kunze, Zimmerlautstärke, Frankfurt/Main 1972, S.18)

Einen schönen Sonntag wünscht Ihnen

Stefan Krause

Amen

AUS PSALM 27

Der Herr ist mein Licht und mein Heil;
vor wem sollte ich mich fürchten?
Der Herr ist meines Lebens Kraft;
vor wem sollte mir grauen?
Er deckt mich in seiner Hütte zur bösen Zeit,
er birgt mich im Schutz seines Zeltes
und erhöht mich auf einen Felsen.
Herr, höre meine Stimme, wenn ich rufe;
sei mir gnädig und erhöre mich!
Mein Herz hält dir vor dein Wort:
»Ihr sollt mein Antlitz suchen.«
Darum suche ich auch, Herr, dein Antlitz.
Verbirg dein Antlitz nicht vor mir,
verstoße nicht im Zorn deinen Knecht!
Denn du bist meine Hilfe; verlass mich nicht
und tu die Hand nicht von mir ab, Gott, mein Heil!
Ich glaube aber doch, dass ich sehen werde
die Güte des Herrn im Lande der Lebendigen.


Amen



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