Buchvorstellung
»Die geheime Mission des Kardinals«von Rafik Schami
Ich möchte Ihnen heute ein Buch vorstellen, das mich sprachlich und inhaltlich begeistert hat. Der Autor Rafik Schami, 1946 in Syrien geboren, lebt seit 1971 in Deutschland und zeichnet in seinem neuesten Buch ein Bild von Syrien vor dem Bürgerkrieg. Die Zerrissenheit des Landes und der syrischen Gesellschaft stellt er sehr anschaulich und unterhaltsam in vielen einzelnen Geschichten und Erzählsträngen dar.Die Geschichte beginnt 2010, als ein Kardinal aus Rom im Auftrag des Papstes nach Syrien reist, um die Taten von Wunderheilern für eine mögliche Heiligsprechung zu untersuchen. Die Reise endet für den Kardinal tödlich. Er wird in einem Ölfass in der italienischen Botschaft in Damaskus angeliefert. Kommissar Barudi steht kurz vor der Rente und soll nun den heiklen Fall aufklären, ohne dem syrischen Geheimdienst in die Quere zu kommen. Ein Kollege aus Rom unterstützt ihn bei der gefährlichen Suche nach dem Mörder. Der Fall führt die beiden, die im Laufe des Buches eine enge Freundschaft entwickeln, in das syrische Hinterland zu einem Bergheiligen und in die Hände von islamistischen Terroristen.
Im Rückblick erfährt man, wie das Leben von Kommissar Barudi verlaufen ist und hier wird es manchmal auch etwas langatmig. Gern wird gekocht, gegessen, fabuliert und in Beschreibungen opulenten Essens geschwelgt. Rafik Schami ist ein wunderbarer Geschichtenerzähler, der diesen Fall ganz langsam mit vielen Nebengeschichten und Witzen ausschmückt.
Rafik Schami stammt selbst aus einer christlich-arabischen Familie in Damaskus und zeigt auch im Buch islamische, alawitische und christliche Perspektiven auf. Schamis Alltagsbeobachtungen aus Syrien und seine Analyse der Gemengelage aus Wunderheilern, Geheimdiensten, Sippenwirtschaft und dem aufkommenden IS machen das Buch so interessant. Rafik Schami stellt in diesem Buch die These auf, dass Aberglaube und Fanatismus in besonders elenden Gesellschaften, aber eben auch im übersättigten Westen gut gedeihen könnten.
Mir persönlich hat das Buch ausgesprochen gut gefallen, denn es ist einerseits ein spannender Krimi, andererseits eine berührende Liebesgeschichte und drittens eine Geschichte über die syrische Gesellschaft vor dem Bürgerkrieg.
Das Buch ist im Hanser Verlag erschienen und umfasst 594 Seiten.
Christine Wismer
(Foto: Russische Bibelgesellschaft)