Predigt 26.04.2020 - Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde

Ev.-luth. Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde
Hannover Badenstedt
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2. Sonntag nach Ostern - 26. April 2020
Texte und Foto: Pastor Manuel Kronast

Einen gesegneten Sonntag!

PREDIGT                                                                                                                       

Kommet, ihr Hirten!

Der 2. Sonntag nach Ostern könnte Hirtensonntag genannt werden. In fast allen vorgeschlagenen Texten und Liedern kommen Hirten vor. Das sind natürlich keine realistischen Beschreibungen von Hirt*innen damals und heute.
Nein, es sind idealisierte Bilder von Mächtigen, die voller Liebe und Fürsorge für andere da sind.
Einige Beispiele:
Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln (Psalm 23,1)
Wenn der Herr (also Gott) mein Hirte ist, bin ich ein Schaf? Offensichtlich nicht, denn es ist in diesem Wochenpsalm die Rede davon, dass ich wandere, in einem Haus wohne, einen Tisch gedeckt bekomme und mit Öl gesalbt werde.
Und selbst wenn: Schaf-Sein bedeutet hier nicht, stumpfsinnig hinter einem autoritären Hirten herzulaufen oder von eifrigen Hütehunden in einer Herde gehalten zu werden. Wenn ich zu diesem Hirten gehöre, darf ich eigene Wege gehen (Wegweiser inklusive), bin im dunklen Tal nicht allein und muss vor Feinden keine Angst haben. Der Hirte sorgt für mich. Aber wie stellt er das an?

Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe (Johannes 10,11).
Jesus gibt im Sonntagsevangelium darauf eine sehr radikale Antwort. Er delegiert sie dann nicht an irgendwen, sondern setzt sie selbst um. Kurz danach lässt er sein Leben, stirbt am Kreuz.
Was für ein Gegensatz: Jesus bezeichnet sich selbstverständlich als Hirten – so wie viele antike Herrscher das getan haben. Damit beansprucht er Autorität und Macht und stellt klar: »Ich bin ungleich mächtiger als ihr!«.
Im gleichen Atemzug bezeichnet Jesus sich als guten Hirten: nicht, weil er seine Macht über die Schafe ausübt, sondern weil er für sie stirbt.
Der Sohn Gottes beherrscht uns nicht, sondern stirbt für uns? Jesus sagt: Natürlich! Sonst wäre ich kein Hirte, sondern ein »Mietling« (Johannes 10,12)
Warum? Jesus liebt uns mit letzter Konsequenz. Er ist gibt sich in unser Leben hinein, auch wenn das bedeutet, seine ganze Hirtenmacht wegzuwerfen und mit uns zu sterben. Weil er uns nicht allein lassen will. Als Ergebnis bezwingt er nicht uns, sondern den Tod. Für sich und für uns.
Ein Vorbild für irdische Herrscher*innen?

Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden! (Hesekiel 23,2)
Im alttestamentlichen Text des Sonntags kritisiert der Prophet Politiker*innen, die ihre Macht missbrauchen: »Das Schwache stärkt ihr nicht und das Kranke heilt ihr nicht, das Verwundete verbindet ihr nicht, das Verirrte holt ihr nicht zurück, und das Verlorene sucht ihr
nicht; das Starke aber tretet ihr nieder mit Gewalt.« (Hesekiel 34,4).
Die politisch Starken sind als Hirt*innen dafür da, dass es den Menschen in ihrem Zuständigkeitsbereich gut geht. Das bedeutet: Fürsorge und Ermächtigung, nicht Unterdrückung und Entmündigung. Die Schwachen sollen gestärkt werden und die Starken nicht geschwächt.
Die aktuelle Politik bietet ausreichend Anschauungsmaterial dafür, wie Hirt*innen dieser Aufgabe gerecht werden oder eben auch nicht. Einige Hüter*innen hüten auch in der Krise vor allemsich selbst.

Spricht Jesus zu ihm: »Weide meine Schafe!« (Johannes 21,16)
Ganz am Ende des Evangeliums, es ist alles geschehen, Tod wie Auferstehung, spricht Jesus diese Worte zu Petrus. Ein Hüteauftrag.
Ich verstehe das auch als Auftrag an uns alle, einander zu weiden.
Das bedeutet in der Regel nicht, füreinander zu sterben. Aber es sollte bedeuten, füreinander zuleben. Und bei all dem Niederdrückenden in dieser Zeit erlebe ich das eben auch: dass Menschen einander hüten. Einander durch dunkle Täler führen. Einander Tische decken im Angesicht von Angst und Not.
Und ganz neu: Dass sie Abstand halten. Das eigene Gesicht verbergen. Auf Geselligkeit verzichten. Körperlich distanziert sind und
doch einander ganz nahe (»Soziale Distanzierung« ist genau das: eine Distanzierung, die anderen gut tut). Weil aber die körperliche Nähe oft unglaublich fehlt, ist das eine besondere Herausforderung an unsere Kreativität. Sehr viele Menschen sind hier sehr findig. Das macht Mut.

Und so sind wir beides: Schafe und Hirt*innen. Schafe des göttlichen Hirten – nicht eingepfercht und entmündigt, sondern begleitet und gestärkt. Der Hirte ist für uns in den Tod gegangen, wo unser Lebenstal am finstersten ist. Dort lässt er uns nicht stecken, sondern begleitet uns zum gedeckten Tisch eines neuen Lebens.
Und gleichzeitig sind wir einander Hirtinnen und Hirten, bilden eine Gemeinschaft, die sich hütet.
Natürlich ist das eine Idealvorstellung. Aber wenn ich in diesen Wochen durch die Straßen gehe oder auf unterschiedlichsten Wegen mit Menschen kommuniziere, dann merke ich: Immer wieder sind wir schon ganz schön nah dran. Hüten wir uns weiterhin!

Amen

GEBET (nach Psalm 23)                                                                                                                 

Gott, es ist alles in der Welt, was wir brauchen:
Luft und Wasser, Hoffnung und Liebe, Lachen und Vertrauen.
Danke.

Gott, es ist alles in der Welt, was wir nicht brauchen:
Umweltzerstörung und Krieg, Verzweiflung und Hass, Tränen und Tod.
Lass uns damit nicht allein.
Stärke unsere Herzen, führe uns auf den richtigen Weg,
nicht im Namen des Hasses, sondern im Namen der Liebe.
Lass uns aufrecht gehen, in deinem Trost und mit deiner Kraft.

Gott, gib uns die Sicherheit, das Gute zu genießen
und das Schlechte nicht aus den Augen zu verlieren.
Verwische unsere Spur, wenn Feinde uns folgen,
und setze Gutes und Barmherzigkeit auf unsere Fährte.

Gott, du gibst uns ein Zuhause bei dir,
immer und ewig.

Amen.



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